Dieses Jahr sind wir, das sind Elisabeth und Inka, für knapp drei Monate in das wunderschöne Land Ghana gegangen, um das Schulsystem dort sowie das Land kennenzulernen.
Wir hatten das Glück, unseren Aufenthalt und die Zeit an einer Schule über einen Freund aus Ghana planen zu können und somit keine Bewerbungsfristen o.Ä. einhalten zu müssen, da alles komplett privat organisiert war.
Unser Ziel war es, die 10 Wochen von März bis Mai an einer Schule in der Hauptstadt Accra zu sein, den Schulalltag der Schüler*innen kennenzulernen und zu sehen, wie das Lernen in einem anderen Land abläuft.
Wir wurden von Anfang an wundervoll und mit offenen Armen empfangen und die Freude, uns kennenzulernen, war in die Gesichter der Schulkinder und Lehrkräfte geschrieben. Die Schule, die wir über den Freund vermittelt bekamen, ist eine private Schule einer katholischen Kirche und befindet sich direkt an dieser.
Dort werden Kinder vom Kindergartenalter bis zur Junior High School 3, was der 9. Klasse entspricht, unterrichtet. Ihre Eltern zahlen teures Schulgeld, damit sie die Vorteile einer privaten Schule genießen können. Dazu zählen kleine Klassen von ca. 10-24 Kindern und täglich ein warmes Mittagessen.
Als der Schulleiter uns beim Kennenlernen fragte, wer wir sind und was wir machen, berichteten wir ihm folgendes: Elisabeth studiert Lehramt an Grundschulen im Master und wird später Lehrerin werden und Inka hat ihren Abschluss in Sozialer Arbeit gemacht. Wir beide lieben es, mit Menschen und vor allem Kindern zu arbeiten und sind in Berlin bei einem Träger, den Beteiligungsfüchsen, für welchen wir das demokratie-pädagogische Konzept „Klassenrat“ an verschiedenen Schulen einführen. Mittlerweile ist der Klassenrat sogar fester Bestandteil des Schulplans bei uns. Diese Arbeit machen wir bereits seit knapp zwei Jahren und konnten so verschiedene Schulformen und Klassenstufen kennenlernen.
Der Schulleiter war äußerst interessiert und fand das Ziel, die Kinder schon früh im Schulalltag zu selbstständigen und eigenverantwortlichen Menschen zu erziehen, die sich aktiv in die Entscheidungen der Gesellschaft einbringen, sehr wichtig. In Ghana ist dies leider gar nicht im Schulalltag verankert. Dies ist aber auch schwer möglich, da die meisten Kinder hier auf staatliche Schulen gehen, in denen die Klassen aus 40-80 Kindern bestehen und es den Lehrkräften dadurch kaum möglich ist, auf die Belange und Interessen der Einzelnen gerecht einzugehen sowie jedes Kind dazu zu motivieren, die eigene Stimme zu heben.
Er bat uns also, den Klassenrat, auf Englisch „Class Council“, in den insgesamt neun Klassen einzuführen.
Also setzten wir uns in der Schule hin, bastelten das Material, wie wir es von hier kennen, nach, gestalteten die verschiedene Rollenkarten und waren froh, als die lange Arbeit geschafft war. Laminieren war dort nicht möglich und auch die Bastelmaterialien waren begrenzt, trotz dessen hatten wir am Ende ein Ergebnis, das sich durchaus sehen lassen konnte:
Wir wollten insgesamt drei Mal in jede Klasse gehen, um den Klassenrat einzuführen.
Gemeinsam bauten wir bei jedem Termin einen Kreis aus den Bänken, was sich als gar nicht so leicht gestaltete. Einige der jüngeren Klassen saßen zwar bereits in einer Art Kreis/Reihe, doch das Verschieben der Bänke war aus Platzgründen oder aufgrund der Stabilität der Bänke nicht immer möglich.
Nachdem das geschafft war, besprachen wir mit den Schüler*innen, woher der Klassenrat kommt, wofür er da und wichtig ist und warum wir überhaupt im Kreis saßen. Außerdem erklärten wir, dass es für den Klassenrat äußerst wichtig ist, sich gegenseitig zuzuhören und darauf zu achten, die Anderen ausreden zu lassen.
Besonders in den höheren Klassen funktionierte der Klassenrat gut.
Die verschiedenen Rollen und damit einhergehende Verantwortung wurden gerne übernommen, da die Schüler*innen dort von klein auf sehr verantwortungsbewusst erzogen werden. Die Positive Runde, bei der sich die Kinder bei jemandem bedanken oder ihr Highlight der Woche mitteilen konnten, wurde ebenfalls eifrig genutzt, jedoch meistens, um uns zu danken und uns Komplimente zu geben
Generell konnten wir beobachten, dass die Klassengemeinschaften dort sehr stark sind und die Schüler*innen sehr auf sich achten und gegenseitig unterstützen.Als es um die Sammlung der Themen ging, die sich die Schüler*innen zuerst gemeinsam überlegen konnten, war es anfangs schwer greifbar für sie, überhaupt Themen zu finden. Das liegt daran, dass sie bei sich in der Schule wenig Gelegenheiten haben, mitentscheiden zu können.
Doch nach ein paar Beispielen wie der Klassenraumgestaltung oder Spielen, konnten sie sich schon mehr darunter vorstellen und hatten großartige Ideen wie
Tanzturniere (Tanzen ist dort ein großer Teil der Kultur), eine Talent-Show oder eine Schulbibliothek.
Die Zeit wurde fleißig genutzt, um über die von ihnen gewählten Themen zu sprechen. Dabei wurde es schnell sehr laut, was jedoch kein Wunder ist, da die Wände zwischen den Klassenräumen entweder aus sehr dünnem Holz bestehen, die Fenster dazwischen nicht schließbar sind oder es keine richtigen Türen gibt.
Abstimmungen einfordern und gemeinsam Entscheidungen treffen klappte von Mal zu Mal besser. Wir konnten deutlich spüren, dass die Schüler*innen es als toll empfunden haben, ihre Meinung zu den für sie interessanten Themen äußern zu dürfen und besonders danach gefragt zu werden. Dies ist dort im Schulsystem selten der Fall.
Die meisten Schüler*innen fanden diese andere Art von Unterricht sehr spannend und haben sich sehr gefreut, den Class Council gemeinsam mit uns durchzuführen.
Der Schulleiter versicherte uns, dass die Klassen den Klassenrat weiterführen werden, ob dies jedoch noch immer der Fall ist, wissen wir leider nicht.
Für uns war es eine sehr besondere Erfahrung, mit den verschiedenen Klassen zu interagieren und ihnen den Klassenrat, wie wir ihn hier in Berliner Schulen einführen, nahezubringen. Die Schüler*innen und besonders der Schulleiter haben sich sehr gefreut, die erste Schule in Ghana zu sein, die dieses demokratie-pädagogische Konzept kennenlernen und umsetzen dürfen.
Dass der Klassenrat und die Teilhabe der Schüler*innen jedoch auch von den Lehrkräften und dem Schulleiter geachtet und sichergestellt werden muss, haben wir dem Lehrpersonal natürlich auch mit auf den Weg gegeben. Für einige war es jedoch noch schwer zu greifen, wieso die Schüler*innen plötzlich gemeinsam Entscheidungen, bei denen es um den Schulalltag geht, treffen dürfen und sollen, da dies selten der Fall ist. Doch sie ließen sich trotzdem auf diese Art von Unterricht ein.
Ebenso lernten wir natürlich viel von den Kindern dort. Von verschiedenen musikalischen Spielen und Tänzen, kreativen Wegen, Fußball oder Basketball ohne Bälle zu spielen bis hin zu der Erfahrung, wie stark die Schulgemeinschaft und die Klassengemeinschaften sein können, in denen aufeinander geachtet und Rücksicht genommen wird, trotz dessen aber das Miteinander Lachen und ,,Rumblödeln“ nicht zu kurz kommt.
Wir sind sehr dankbar für diese einzigartige Erfahrung und möchten jeder Person, welche die Chance hat, das wunderschöne Land Ghana und die herzlichen Menschen dort kennenzulernen, dazu raten, diese zu ergreifen und sich von der offenen und lebenslustigen Art der Menschen vor Ort inspirieren zu lassen.
Liebe Grüße und ,,Medaase´´ für´s Lesen!
Elisabeth und Inka